Zu Beginn spielte die drahtlose Datenübertragung keine große Rolle. Das mobile Netz wurde hauptsächlich zur Sprachübertragung genutzt. Das änderte sich aber mit der steigenden Verbreitung des Internets. Das GSM-Netz war dafür nicht besonders gut geeignet. Es entstand GPRS, das speziell für die mobile Datenübertragung entwickelt wurde. GSM ist ein leitungsvermittelndes Netzwerk, das bedeutet es stellt einen Kanal zwischen zwei Teilnehmern bereit. Dieser hat eine feste Bandbreite und eine konstante Verzögerungszeit. Das ist für Sprachübertragungen notwendig, da keine Daten verloren gehen sollen und die Übertragung möglichst in Echtzeit geschehen soll. Für Datenübertragungen ist eine feste Bandbreite nicht sinnvoll, da Daten ungleichmäßig angefordert werden. Beim Surfen läd der Benutzer eine Web-Seite, danach liest er sie wobei dann keine Daten mehr geladen werden. Bei einem drahtlosen Netzwerk ist die verfügbare Bandbreite immer stark eingeschränkt, deswegen muss auf eine sinnvolle Nutzung geachtet werden. Ein zur Verfügung gestellter Kanal, der keine Daten überträgt ist nicht sinnvoll. Andere Mobilfunkteilnehmer, die das Netz zum Telefonieren nutzen wollen können dann möglicherweise keine Verbindung mehr aufbauen. Die Sprachübertragung hat im Mobilfunknetz eine höhere Priorität als die Datenübertragung.
Die Lösung ist eine paketorientierte Datenübertragung. Es wird kein Kanal mehr zugewiesen sondern Datenpakete werden im Netz vermittelt. Die Vorteile sind die höhere Bandbreite bei der Übertragung und die optimale Ausnutzung des mobilen Netzes. Der Nachteil ist, dass zu einer bestimmten Zeit immer nur ein Teilnehmer senden und empfangen kann. Diese Art der Datenübertragung wird Paketvermittlung oder Packet Switching genannt. Damit die Datenpakete den richtigen Empfänger erreichen müssen sie eine Absender- und Empfängeradresse enthalten. Da bei GPRS keine Leitungen mehr vermittelt werden kann die gesamte Bandbreite von allen Teilnehmern genutzt werden. Diese liegt dann zwischen 50-170 kbit/s. Mit GSM sind nur 9.6 oder 14.4 kbit/s realisierbar. Die Übertragungsgeschwindigkeit erhöht sich mit GPRS also theoretisch auf nahezu das 18 fache. 50 kbit/s entspricht ungefähr der Geschwindigkeit eines Festnetzmodems, das bis zu 56 kbit/s übertragen kann. Mit der Einführung von ISDN stieg die Übertragungsgeschwindigkeit im Fesnetzbereich auf 64 kbit/s beziehungsweise mit eingeschalteter Kanalbündelung auf 128 kbit/s. Heutzutage besitzt fast jeder Haushalt einen ADSL-Anschluß der 1 MBit/s und weit mehr überträgt. Damit kann GPRS nicht mithalten und ist in der Basisversion deswegen nur für eingeschränkte Tätigkeiten einsetzbar. GPRS nutzt die vorhandenen Basisstationen und benötigt kein neues Netzwerk.
Für den Benutzer von GPRS besteht der weitere Vorteil, dass vom Provider nach Datenvolumen abgerechnet werden kann und nicht nach Onlinezeit abgerechnet werden muß. Dies ist für ihn dann in der Regel günstiger, da beim Websurfen oftmals keine Daten übertragen werden. Für einen festen Kanal muss für die gesamte Nutzungsdauer bezahlt werden. Für große Datenmengen ist GPRS aufgrund der geringen Bandbreite nicht geeignet. Die Kosten sind im Vergleich zu einem Festnetzzugang um 10-20 mal höher. Es gibt zwar schon Datenflatrates für GPRS, diese dürfen aber nur am Handy genutzt werden, nicht am Laptop. Die Interneteinwahl ist per GPRS deutlich schneller möglich als mit GSM. Statt bis zu 20 Sekunden bei GSM erfolgt sie nun in weniger als 5 Sekunden. Durch die volumenbasierte Abrechnung sind viele neue Anwendungen wie ICQ, Yahoo- oder MSN Messenger möglich. E-Mails können regelmässig abgerufen werden. In Zügen und im Auto kommt es während der Fahrt bei Mobilfunkgesprächen öfters zu Verbindungsabbrüchen. Dies ist bei GPRS nicht mehr der Fall, da es die Daten überträgt, sobald wieder ein Empfang möglich ist. Bei GSM-Verbindungen bricht die Verbindung ab und muß neu aufgebaut werden, mit GPRS bleibt die Verbindung immer bestehen auch wenn momentan kein Handy-Netz verfügbar ist. Beim Surfen bekommt man davon meist nichts mit, weil die meiste Zeit keine Daten übertragen werden. GPRS nutzt wie das Internet auch, das paketorientierte Internet Protokoll (IP). Mit der flächendeckenden Einführung von UMTS werden die mobilen Übertragungskosten wahrscheinlich fallen. Die meisten Webseiten beinhalten viele Bilder und Elemente, die das Übertragungsvolumen in die Höhe treiben. Deshalb sollte man eine andere Version der Webseite aufrufen, die für PDAs optimiert sind und so auch weniger Datenverkehr verursachen. Die hohen Kosten verhindern es, dass sich mobile Internetzugänge wie GPRS und UMTS gegenüber Festnetzlösungen durchsetzen können. Es gibt auch Alternativen wie Internetcafes und die Möglichkeit per Wireless LAN im Internet zu surfen, die deutlich günstiger sind.
Die kleinste Einheit im GPRS-Netzwerk ist ein Block, der aus 4 Bursts eines Packet Data Traffic Channel (PDTCH) besteht. Sie wird einem bestimmten Teilnehmer zugewiesen. Der PDTCH wird über einen physikalischen Timeslot übertragen (GSM Zeitschlitz). Bei GSM heisst er entsprechend Traffic Channel (TCH), der einem Benutzer fest zugeteilt wird. Die verschiedenen Blocks eines PDTCH können an unterschiedliche Teilnehmer zugewiesen werden oder für Kontrollinformationen verwendet werden. Bei GPRS werden 52 Frames zu einem Multiframe zusammengefasst. Die Geschwindigkeit der Datenübertragung wird erhöht durch die gleichzeitige Verwendung mehrerer Zeitschlitze. Die Anzahl hängt von den aktuell verfügbaren Zeitschlitzen und den technischen Möglichkeiten des verwendeten Endgeräts ab. Heutige Handys unterstützen die Multislot-Klasse 8 oder 10. Die Klasse 10 verwendet 4 Timeslots beim Empfangen von Daten und 2 Timeslots beim Senden von Daten. Das Empfangen von Daten ist hier also doppelt so schnell wie das Senden von Daten. Dieses Verhältnis ist bei Festnetzzugängen oft ähnlich. Beim Websurfen werden meist mehr Daten zum Nutzer übertragen als umgekehrt. Beim Versenden von größeren MMS-Nachrichten spielt die Sendegeschwindigkeit dagegen eine wichtige Rolle. Da der Dienst aber recht teuer ist wird er selten genutzt. Die Anzahl der gleichzeitig verwendeten Timeslots für den Down-/Uplink werden je nach aktueller Nutzung angepasst und geändert. Beim Websurfen beschleunigt der parallele Datentransfer den Seitenaufbau, da meistens viele verschiedene Elemente geladen werden müssen. Die Anzahl der verfügbaren Timeslots für GPRS hängt von der Anzahl der aktuell verwendeten Timeslots für Sprachkanäle ab. GSM und GPRS teilen sich die 8 Timeslots pro Frequenz einer Basisstation (BTS). Sie besteht oft aus mehreren Zellen, in denen zur Geschwindigkeitssteigerung mehrere Frequenzen eingesetzt werden. Meist wird eine bestimmte Anzahl an Timeslots fest für GPRS reserviert. Damit wird sichergestellt, dass auch bei hohem Gesprächsaufkommen ein Datentransfer möglich ist. [Sau04]
GPRS besitzt vier Kodierungsverfahren (Coding Schemes), die unterschiedlich viele Nutzdatenbits und Fehlerkorrekturbits besitzen. So kommt bei schlechten Übertragungsbedingungen Coding Scheme 1 oder 2 mit 8 beziehungsweise 12 kbit/s pro Timeslot zum Einsatz. Coding Scheme 3 oder 4 mit bis zu 20 kbit/s werden bei guten Übertragungsbedingungen eingesetzt. Aufgrund von Inkompatibilitäten des CS-3 und CS-4 mit dem Abis Interface werden diese kaum verwendet.
Ein neues Modulationsverfahren nach dem 8PSK Prinzip soll die Übertragungsgeschwindigkeit von GPRS weiter erhöhen. Es nennt sich Enhanced Data Rates for GSM Evolution (EDGE) und verwendet 3 Bits pro Übertragungsschritt statt bisher 1 Bit pro Übertragungsschritt bei GSM und GPRS. Damit sind dann insgesamt bis zu 60 kbit/s pro Timeslot möglich. Allerdings sind dafür auf Betreiber-Seite neue Hardwarekomponenten und auf Anwender-Seite neue Endgeräte erforderlich. Deswegen wird EDGE nicht so weit verbreitet werden, da UMTS diesen Sektor ablösen soll. Bei den mobilen Endgeräten wird zwischen drei verschiedenen Klassen unterschieden. Geräte der Klasse C können nur bei einem Netzwerk, entweder beim GSM-Netzwerk oder beim GPRS-Netzwerk angemeldet sein. Geräte der Klasse B können bei beiden Netzwerken gleichzeitig angemeldet sein, jedoch ist bei einer GSM-Verbindung keine GPRS-Datenübertragung möglich. Geräte der Klasse A können aktiv das GSM- und das GPRS-Netzwerk gleichzeitig benutzen.
Bei GPRS gibt es wie bei GSM verschiedene Zustände. Der Idle-Zustand bedeutet bei GPRS, dass das Gerät nicht am GPRS-Netzerk angemeldet ist. Es können also weder Daten gesendet noch empfangen werden. Das Endgerät kann vom Netzwerk nicht angesprochen werden. Wenn das Gerät Daten übertragen möchte wechselt es in den Ready-Zustand. Das Netzwerk kann Daten an das Endgerät schicken, da die Zelle des Teilnehmers bekannt ist. Ein Zellwechsel muss dem Netzwerk durch eine Cell Update Nachricht mitgeteilt werden. Der Vorgang dauert ca. 2 Sekunden. Falls er während einer Datenübertragung stattfindet müssen diese Daten erneut übertragen werden. Bei Echtzeitanwendungen kann dies zu Unterbrechungen führen. Es wurde deswegen ein neues Verfahren, Network Assisted Cell Change (NACC) entwickelt. Der Ready Timer bestimmt, wie lange im Ready-Zustand verblieben wird, nachdem eine Datenübertragung abgeschlossen wurde. Normalerweise wird der Ready Timer auf eine Zeit von 44 Sekunden eingestellt. Die Zeit wird vom Netzwerk selbst festgelegt und übertragen. Nachdem der Countdown abgelaufen ist wechselt das Gerät in den Standby-Zustand.
Für den Betrieb von GPRS im bestehenden GSM-Netz wurden drei neue Netzwerkelemente notwendig. Die Packet Control Unit (PCU), der Serving GPRS Support Node (SGSN) und der Gateway GPRS Support Node (GGSN). Durch die Verwendung des Gp Interfaces ist eine Nutzung von GPRS im Ausland ohne Probleme möglich. [Sau04]
GPRS ist schon eine paketvermittelte Verbindung, es gibt keine leitungsvermittelte Verbindung. Bei der Einwahl ins Internet wird keine Telefonnummer mehr benötigt. Es gibt keinen PPP Server bei GPRS. Der GGSN vergibt die IP Adressen der Teilnehmer. Damit der PPP Client des DFÜ-Netzwerkes weiterverwendet werden kann wird dennoch ein PPP Server für GPRS Verbindungen benötigt. Diese Software wurde direkt in das Mobiltelefon integriert. Die PPP Verbindung endet im Mobiltelefon. Die am Mobiltelefon eingehenden IP Pakete werden in kleine GPRS Datenpakete aufgeteilt und gesendet. Empfangene GPRS Datenpakete werden zu kompletten IP Paketen zusammengesetzt und zum PC weitergereicht. Aus Sicht des PC ist das Mobiltelefon ein Modem. Deshalb muß ein Standardmodemtreiber installiert werden, der mit dem Betriebssystem ausgeliefert wird. Dem Mobiltelefon muss ein APN (Access Point Name) zugewiesen werden, bevor eine GPRS Verbindung aufgebaut wird. Der APN wird mit einem ergänzenden AT Kommando übergeben, das AT+CGDCONT lautet. Um eine Verbindung mit dem APN „web.vodafone.de“herzustellen muß folgendes AT Kommando ausgeführt werden: ’AT+CGDCONT=1,“IP“,“web.vodafone.de“’. Dieses Kommando wird bei dem installierten Standardmodem unter Eigenschaften → Erweiterte Optionen → Weitere Einstellungen → Weitere Initialisierungsbefehle eingegeben. Zur Einwahl wird statt einer Telefonnummer eine Zeichenfolge verwendet, die „*99***1#“lautet. Benutzername und Passwort können beliebig gewählt werden. Das Mobiltelefon startet nach Erhalt des Befehls den PPP Server und verwendet den übermittelten APN. Zusätzlich muss noch ein DNS-Server angegeben werden, da dieser nicht automatisch beim Verbindungsaufbau übertragen wird. Dies kann unter Eigenschaften von TCP/IP eingestellt werden. [Sau04]